Wieder hat der Wald gebrannt, ganz in der Nähe. Erst im Juli sind hier 150 ha Wald verbrannt. Dörfer mussten evakuiert werden, Straßen wurden gesperrt, Stromleitungen abgeschaltet. Meistens ist es Brandstiftung. Das Feuer ist wieder unter Kontrolle, Feuerwehren aus den umliegenden Dörfern, auch aus Spanien, Italien und Deutschland sind gekommen und haben beim Löschen geholfen. Hier im größten zusammenhängenden Waldgebiet Europas haben sie eine lückenlose Feuerüberwachung.

Ab 14.00 Uhr darf man nicht mehr in den Wald. Wegen der Feuergefahr. Also gehe ich frühmorgens. Es ist noch angenehm kühl, ab zehn-elf wird es richtig heiß, die letzten Tage bis 40 Grad.
Der Wald ist der Reichtum, von dem die Menschen hier leben, seit Napoleon die Sümpfe trockenlegen und Wald anlegen ließ. Die Pinien werden übrigens gesät, nicht gepflanzt. Man lebt hier vom Holz, früher auch vom Harz, für Terpentin und Farben, und von dem, was auf dem kargen Sandboden wächst.
Feuer ist die größte Sorge. Durch die Hitze und die extreme wochenlange Trockenheit der letzten Jahre wird es extrem gefährlich. Dieses Jahr 8ist es besonders schlimm. Es hat seit Monaten nicht richtig geregnet. Solche langen Trockenzeiten gab es früher nicht, auch nicht so lange so extreme Hitze. Früher, wenn es sehr heiß, hatten wir schon mal ein paar Tage 32 – 34 Grad, aber nicht wochenlang 38 – 40.
Ich mache Urlaub in dem Haus, in dem meine Eltern fast 30 Jahre gelebt haben. Bei der Schlüsselübergabe muss ich versprechen, dass wir den Kamin nicht anmachen, draußen kein Feuer machen, nicht grillen, nicht rauchen und keine Kerzen anmachen.
Ich sitze in der Bibliothek und warte die schlimmste Mittagshitze ab. Wenn man tagsüber alle Fenster und Türen und die Fensterläden zur Sonnenseite zumacht, bleibt es überall schön kühl. Das Haus ist perfekt ans Klima angepasst. Vorn im Auvent sitzt man ab Mittags im Schatten. Stein und Ziegel halten die Hitze ab. Auch der Fußboden ist aus Ziegeln oder Stein – wegen der Termiten.

Es ist ein traditionell gebautes Bauernhaus, eine „Maison Landaise“, eine Métairie (Pächterhaus). Die Küche war der einzige geheizte Raum im Haus, über dem Feuer wurde gekocht. Die ganze obere Etage war Heuboden, bis auf eine Schlafkammer über der Küche mit dem Kamin. Die letzte Pächterfamilie hat hier mit vier Kindern gewohnt und sich selbst versorgt. Es gab einen großen Gemüsegarten, zwei, drei Schweine, Geflügel, ein kleines Feld für Korn, Kühe für Milch und als Zugtiere.





Einmal im Monat kam der Besitzer vorbei. Dann wurde ihm mit einem tiefen Diener die Pacht überreicht. Zur Pacht gehörte auch ein Teil der erzeugten Produkte: Gemüse, Eier, ein Perlhuhn, Honig, Harz von den Kiefern, eine Schubkarre Mist. Mein Vater hat das erlebt. Da war er 14. Damals hat er sich in das Haus verliebt. Er war zur Verbesserung seines Französisch zum Austausch in einer französischen Familie. Der Vater seines Austauschfreundes war der Besitzer dieser Métairie.
Die Pächterfamilie war seit zwei Jahren ausgezogen, als sich der Jugendtraum meines Vaters erfüllte. Als Rentner* haben meine Eltern die Métairie von Grund auf renoviert, ausgebaut und sind hergezogen.






Sie hätten das Haus gern gekauft, aber der Boden ist Teil einer großen Waldparzelle, die nicht geteilt werden sollte. Also haben sie es gemietet – für zehn Francs im Jahr. Die Übergabe der Miete wurde immer mit einem mehrgängigen, mindestens fünfstündigen Festessen im Haus der französischen Freunde gefeiert. Mit der Tochter bin ich bis heute befreundet. Sie hat mich eingeladen, hier Urlaub zu machen, wann immer ich will.
Das Haus steckt voller Erinnerungen. Als meine Kinder noch klein waren, haben wir die meisten Sommer hier verbracht. Es war das Paradies. Keine Straße in der Nähe, kein tiefes Wasser, kein Stacheldraht, keine lärmempfindlichen Nachbarn, höchstens mal eine Kreuzotter. Der Wald war ihr Spielplatz. Wir haben sie manchmal nur zu den Mahlzeiten gesehen.
Und was ist jetzt mit dem Feuer? Und den Schafen?
Im Mietvertrag meiner Eltern stand, dass sie die große Wiese hinterm Haus immer frei und kurz halten, damit ein Feuer in dem leicht entflammbaren Wald nicht so leicht auf das Haus übergreifen konnte. Das war schon bei den Pächtern so. Meine Eltern waren alt und konnten eine so große Wiese nicht mehr mähen, also hielten sie ein paar Schafe, die hielten Wiese kurz – Schafe als Feuerschutz.

Um das Haus stehen noch einige der alten Eichen. Eichen brennen nicht so leicht. Und sie sind gute Blitzableiter.
Überall in der Umgebung stehen die traditionellen Häuser frei, oft unter Eichen. Die Menschen hier leben von der Natur und mit der Natur. Auch wenn mancher sagen wird, dass das hier kein Wald ist sondern eine Kiefernplantage, die mit Natur wenig zu tun hat, weiß man hier doch noch, was der Wald braucht. Und man kennt sich aus mit Feuer.
Ob das alte Wissen ausreichen wird, wenn es weiterhin so heiß und trocken bleibt und Hitze und Trockenheit sich noch extremer steigern? Und dazu noch die Stürme immer öfter und immer stärker die Feuer anfachen?
Einmal war ich im Winter hier. Ein Sturm lagen hatte den ganzen Kiefernwald umgerissen. Die Bäume lagen kreuz und quer wie die Streichhölzer.
Wir hatten kein Wasser, kein Telefon und keinen Strom, also auch keine Heizung. Zum Glück gab es viel Holz. Und den großen Kamin.Also haben wir im Kaminzimmer zusammengesessen. Die Tiefkühltruhe fing an abzutauen. Also haben wir Freunde eingeladen und die Braten aufgegessen. Ein intimeres und schöneres Winterfest habe ich noch nicht erlebt.

Aber das ist Romantik. Und es war ein einmaliges Ereignis. Heute wissen wir mehr: Es war erst der Anfang.
Wenn Holz brennt, verbinden sich die Kohlenwasserstoffe mit Sauerstoff zu Kohlendioxyd und Wasser. Die feste Form löst sich auf. Dem Feuer ist es egal, ob das einen Baum frisst oder den geschnitzten Balken eines 300 Jahre alten Fachwerkhauses. Wir sind traurig, wenn Leben zerstört wird, wenn Schönes und Interessantes verloren geht und die Arbeit, die darin steckt, vernichtet wird. Da sind wir konservativ.

Und warum sitzen wir dann am Lagerfeuer und starren stundenlang in die Flammen? Es ist nicht nur die Wärme, die uns anzieht. Feuer ist einfach unglaublich faszinierend.
Wandel ist faszinierend.
Wir leben in einer Zeit des Wandels. Riesige Umwälzungen finden gerade statt in der gesamten Menschheit und auf der Erde. Die Energie steigt.
Omas, die die Wechseljahre hinter sich haben, passen auf, dass Hitze und Feuer nicht alles zerstören. Sie nutzen sie und kochen ein leckeres Süppchen darauf.
