
Es gibt Hühnerrassen, die legen solche schönen grünen oder türkisfarbenen Eier. Grünleger, die Araukarier z. B., sind robust, ziemlich eigenwillig und ein bisschen wild. Sie scharren und laufen gern. Die Eier sind cholesterinarm.
Die Grünleger legen nicht so viele Eier wie die entweder auf Fleisch oder auf Eier hochgezüchteten Spezialrassen in der Massentierhaltung. Wenn es irgendwo grüne Eier zu kaufen gibt, kann man ziemlich sicher sein, dass sie nicht aus der Legebatterie kommen.
Moderne Ernährung ist fleischlos. Immer mehr Menschen essen auch keine Produkte von Tieren mehr. Ich esse gerne mal ein Ei. Manchmal auch Hühnerfleisch. Weil ich aber so grauenhafte und ekelhafte Dinge aus der konventionellen Tierhaltung gesehen und gelesen hatte, wollte ich wissen, wie es den Hühnern geht, von denen meine Eier und das Fleisch kommen.
Als ich im Frühling in der Uckermark war, fiel mir auf, dass auf einer Wiese fast genauso viele Hähne wie Hühner rumliefen. Das sieht man ja ziemlich selten und ich wollte wissen, was es damit auf sich hat. Katrin van Zwoll baut dort gerade einen kleinen Bruderhahn-Betrieb auf und war so freundlich, sich Zeit zu nehmen für ein Interview.
In Flieth in der Uckermark gibt es seit 2019 den Regionalladen. Hier kann man auch die Eier und Katrins Hühner kaufen. Im Restaurant kann man lecker essen – alles aus regionalem Bio-Anbau. Außerdem gibt es noch eine Schnell-Ladesäule für E-Autos und -Bikes, eine Vertretung von Celine-Aktivreisen und Eselwanderungen. Flieth ist auf jeden Fall einen Ausflug wert.
Was hat es nun auf sich mit den Bruderhähnen?
Katrin van Zwoll und andere Landwirtschafts-Betriebe haben was dagegen, dass männliche Küken geschreddert werden wie bei den normalen Eiern, die man im Supermarkt kaufen kann. Das passt nicht zum Ökolandbau. Deshalb kaufen einige die Bruderhähne mit den Legehennen mit. Langfristig will man auf die Zweinutzungsrassen zurückzüchten.

Die Hähnchen sehen ganz anders aus als das Hähnchenfleisch, das man im Supermarkt kauft. Man schmeckt den Unterschied. Das Fleisch ist deutlich fester, es hat mehr Eigengeschmack, man muss nicht so viel würzen.
Das ist ein Kostenfaktor für die Betriebe, die die großziehen. Die Eier von den Legehennen sind etwa 4 Cent teurer: darüber wird das Aufziehen der Hähne mitfinanziert. Die werden im Herbst geschlachtet und verkauft. Einige Hähne bleiben bei den Hennen und im Frühjahr brüten einige von ihnen. Da sind dann wieder Hähne dabei und der Kreislauf beginnt von vorn.
Katrin van Zwoll hat einen Bestand von 30 aufgebaut und will es bei der begrenzten Stückzahl belassen. Durch die Anbindung an den Regionalladen trägt sich das. Die Kunden essen nicht so viel Fleisch, und wenn, dann gutes. Das muss regional zusammenpassen.
Im Laden und im Café ist im Sommer viel Publikumsverkehr, da erfahren immer mehr Menschen von diesem Projekt. Als ich zuhause im Bioladen zum ersten mal Bruderhahn-Eier da liegen sah, wurde mir erst klar, dass ja auch die meisten Bio-Eier aus Betrieben kommen, wo die Hähne nicht mit großgezogen werden.
Seit 2012 gibt es diese Initiative auf drei verschiedenen Ebenen, in verschiedenen Konstellationen, die sich zusammengefunden haben, unter anderem Bioland und Demeter. Mittlerweile beteiligen sich 30 landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland daran, dazu kommen verarbeitende Betriebe und Großhändler.
Veganer oder Vegetarier finden es schrecklich, überhaupt Tiere zu essen oder ihnen die Eier wegzunehmen, aber für die, die Eier essen wollen oder Hühnerfleisch, ist die Bruderhahn-Initiative eine vertretbare Alternative zur Massentierhaltung und zur Legebatterie.
Im Winter gibt es in unserem Bioladen keine Bruderhahn-Eier: Ach ja, ist ja auch eigentlich normal, dass die Hühner im Winter weniger oder gar keine Eier legen! Und so überlege ich mir beim nächsten Einkauf, ob ich wirklich im Winter genauso viele Eier brauche wie im Sommer.
Wenn ich von so einer Initiative höre, werden mir die Produktionsbedingungen und Zusammenhänge klarer. Das kann zu einem Einstieg in die vegetarische und vegane Ernährung werden.