Bilder aus der Zukunft

Ich bin durch meine Heimatstadt gelaufen und hab gesehen, wie sie sich verändert hat seit meiner Kindheit. Ich hatte gerade Rob Hopkins gelesen und die Bilder, wie viel schöner das Städtchen im Sauerland als Transition Town sein könnte, legten sich in meiner Fantasie darüber. Gar nicht unbedingt so wie früher, aber schöner. Auf moderne Art schöner. Die Bilder gingen mir nicht mehr aus dem Kopf.

Was muss passieren, damit die Menschen ihr Verhalten ändern?

Ich wollte wissen, was diese Menschen dazu bewegen könnte, ihre Stadt zu verwandeln. Ich bin zum Schuster gegangen und habe ihn gefragt, was seiner Meinung nach passieren müsste, damit die Stadt zur Transition Town wird. (Schuster wissen immer alles.)

Er meinte: „Nix. Da gibts nix. Das werden sich in hundert Jahren nicht ändern. Die sind einfach zu dumm.“

Weil ich das nicht glaube, hab ich einen Comic gemacht: MOSCHBERG. Ich fing an, die Bilder, die ich im Kopf hatte, zu zeichnen, habe fotografiert und gezeichnet: vorher – nachher.

Dann kam die Geschichte von Leo und Mona dazu.

Leo ist im australischen Outback als Kind von Wander­arbeitern aufgewach­sen. Vater Al­koho­liker, die Mutter dessen Gewalttätigkeit ausgeliefert. Schon als Kind hat sich Leo geschwo­ren, niemals arm und von niemandem abhängig zu sein. Er reagiert allergisch auf Autoritä­ten und Belehrung. Er verlässt sich auf Dinge und auf sich selbst, nicht auf Andere. Er verwechselt Abhängigkeit mit Ausge­liefertsein und glaubt, dass Geld und ein schnelles Auto glücklich machen.

Leo besucht Mona in Moschberg, einer Transition Town im Sauerland, wo sie sich in der Öko-Bewegung engagiert. Zuerst ist er skeptisch gegenüber diesem ganzen Öko-Kram. Mona zeigt ihm alles, was die Moschberger jetzt anders machen, und erklärt ihm, warum sie das machen. Aber aufs Auto verzichten? Gemüse selber anbauen? Das kann Leo sich nicht vorstellen. Er mag Mona, aber als sie ihm Vorwürfe macht für den Flyer einer Investmentfirma, die das schönste Tal von Moschberg zubauen will, endet der Abend in heftigem Streit.

Die Wende in seinem Kopf bringen zwei Dinge, vielleicht auch drei.

Erstens, Leo sieht, wie schön und lebendig so eine Transition-Stadt ist. Er erlebt, wie die Menschen zusammenarbeiten an einer großen Idee und sich umeinander kümmern.

Das zweite ist ein völlig überzogener und brutaler Polizeieinsatz gegen die Demonstranten. Leo hat einen starken Gerechtigkeitssinn und sowas kann er nicht ausstehen.

Und dann passiert etwas, was Leo endgültig zum Umdenken bringt. Als er in einem Noteinsatz Monas Mutter versorgen muss, die pflegebedürftig und völlig abhängig ist – sie kann nicht mal alleine aufs Klo gehen – da macht er die Erfahrung, dass man total von Anderen abhängig sein kann und dabei aber trotzdem seine Würde nicht verlieren muss.

Dass er Mona gern hat, hilft natürlich auch.

Meine Heimatstadt im Sauerland, mein Modell für MOSCHBERG, hatte schon im 13. Jahrhundert Stadtrechte. Die waren immer freie Bauern, es gibt weder Herrenhaus noch Adelssitz. Karl der sogenannte Große musste mehrmals zurückkommen, um die eigensinnigen Sachsen zurückzuerobern und zu re-christianisieren. Ich habe mir folgendes überlegt: Die sprichwörtliche Sturheit und Freiheitsliebe der Sauerländer könnte sie ja vielleicht auch dazu bewegen, sich unabhängig zu machen von fossilen Rohstoffen und internationalen Konzernen.

Marsberg deckt seinen Stromverbrauch schon jetzt zu 100% aus Erneuerbaren, einschließlich der Industriebetriebe. Es gibt eine eigene Biogasanlage, die in erster Linie der Entlastung des Grundwassers dient, aber natürlich auch Energie erzeugt. Eine schlaue Bürger-Energiegenossenschaft investiert Überschüsse aus Solaranlagen in den Windpark. Der neue Flächennutzungsplan baut die Windkraft aus und verhindert gleichzeitig den Wildwuchs von Windrädern. Den Vogelschutz hat man dabei durchaus im Blick.

Wer sagt denn, dass sie auf diesem Weg nicht noch weiter gehen werden?! Unrealistisch ist das überhaupt nicht. Es gibt jetzt schon über hundert Transition-Initiativen in Deutschland, Österreich und der Schweiz (http://www.transition-initiativen.de/…/aktuelle-transition-…) und weltweit werden es immer mehr (https://www.transitionnetwork.org/).

In Totnes in England hat alles angefangen. (http://www.transitiontowntotnes.org/) Rob Hopkins gibt praktische und zur Nachahmung geeignete Tipps in „Energiewende, Das Handbuch“ (Zweitau­send­eins 2008).

Gus Speth, Professor für Umweltpolitik und Nachhaltige Entwicklung an der Yale University (USA) und Chefberater der Nationalen Umweltkommission unter den US-Präsidenten Jimmy Carter und Bill Clinton, hat mal gesagt:

Ich weiß auch nicht, wie man das macht, den Wandel herbeiführen, aber wenn mein Comic und mein Blog euch an eure Sehnsucht erinnern und ihr Bock kriegt, was zu verändern, dann hat es schon angefangen.

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